Die GGUA hatte den Kontakt zu Freddy Kita Kongo hergestellt, dem zuständigen Sozialarbeiter der Stadt Münster für die In der Flüchtlingsunterkunft Hoher Heckenweg. Freddy war ganz begeistert von unserer Idee eines Clownsauftritts und gab uns vollkommen freie Hand. Er konnte leider selber nicht anwesend sein, aber bat um einen Veranstaltungshinweis. Extra und erstmalig erstellten wir dann für diesen Auftritt ein kleines Poster zum Aushängen.
Die Flüchtlingsunterkunft Hoher Heckenweg ist eine Erstaufnahmeeinrichtung und besteht aus 6 Häusern am Markweg und 16 Häusern am Hohen Heckenweg. In jedem Haus sind zwei Familien untergebracht. 6 Häuser sind nur für junge Männer. Insgesamt wohnen dort 100 Personen, d.h. 50 Kinder. Wir waren also auf das Schlimmste gefasst 🙂 . Mein Traum war, mit einer Horde Clowns in den Gärten hinter den Häusern „Fussball“ zu spielen. Aber es war nasskalt und das Wetter als regnerisch angekündigt, so dass wir uns dagegen entschieden und uns die Strasse entlang spielen wollten – notfalls hatte ich mir bereits im DM-Markt einen bunten Regenschirm für 2,99 Euro gekauft 😉 . Brauchten wir gottseidank nicht, das Wetter war auf unserer Seite.
Wir zogen uns bei Mimi um, die genialerweise direkt um die Ecke wohnte, und hatten dabei schon einen Riesenspass, kamen also ganz gut auf Betriebstemperatur. Die dritte im Bunde war Pfiffine, Ahoiahoi half uns dann noch beim Schminken, musste dann aber Klausuren korrigieren gehen … Es war sehr schön mit den dreien die Strasse lang zu gehen und direkt mit den Nachbarn, Menschen, Autofahrern ins Spielen zu kommen. Am ersten Haus im Markweg angekommen, stand die Gartentüre sperrangelweit auf und auf dem Rasen lockte … ein Fussballtor! Nach anfänglicher Scheu stürmten wir den fremden Garten und in weniger als nullkommanix standen die ersten Jungs um uns herum und wir spielten … Fussball! Dann mussten wir natürlich auch die restliche Familie begrüssen, die 8-Käsehoch wie die Orgelpfeifen uns in respektvollem Abstand zugeschaut hatten. Die Kommunikation mit den Kindern ist unproblematisch und sobald sie älter als 2,3 Jahre sind machen sie auch gerne mit, mit den Erwachsenen ist es schwieriger, weil die oft nicht so gut deutsch können und vor allem mehr Scheu haben.
Und immer wieder versuchten sich die Clowns vergeblich, den (hüfthohen) Gartenzaun, der die Grundstücke voneinander trennte, zu überwinden. Dieses Spiel sollte uns den ganzen Auftritt begleiten. Obwohl – bei der ersten Familie hätten wir den kompletten Auftritt bleiben können, die wollten uns nicht mehr loslassen. Vor allem die Jungs, darunter six years old Kennedy.
Auf einmal sahen wir aus der Ferne eine seltsame Gestalt ankommen. Kein Alien, sondern Krissel aus Serbien mit seiner Schwester. Krissel war 10 und wir ernannten ihn sofort zu unserem Hilfsclown. Ein Naturtalent. Er passte dann auf meine Sachen auf, die sonst das Raub der spielwütigen Jugend geworden wäre. Und als mir der Hosenträger abging und die Hose rutschte (au weiah!!! Panik. Wo ist das nächste Versteck??!! :-), half er, ihn wieder zu befestigen. Ein Ende befestigte an meiner Hose, ein Ende an Mimis Hose und das dritte Ende an Pffifines Hose 🙂 🙂 🙂 Und dann packte er den Hosenträger in der Mitte und zog uns – gefesselte – Drei hinter sich her. Wir liessen uns das natürlich nicht zweimal sagen, dass wir nun seine Pferdchen waren…
Irgendwann zogen und zerrten alle an mir herum, was ein Glück, dass wir gerade an Krissels Zuhause waren und ich lud mich selbst zu ihm ein. Seine Mutter kochte mir einen leckeren Kaffee und Krissel verscheuchte die allzu vorwitzigen und kecken Jungs, die mich nicht in Ruhe lassen wollten. Er hatte ja das Hausrecht und das habe ich sehr genossen. Mimi und Pffifine trauten sich nicht herein und mussten so den kompletten Ansturm (es hatten sich mittlerweile ca. 20-30 Kindern an unsere Fersen geheftet) alleine bewältigen. Die Armen! Als ich mich ausgeruht hatte, konnte ich an einer Exit-Strategie arbeiten. Wir hatten schon 1,5 Std. gespielt und es lagen noch 10 Häusern vor uns! Gesagt, getan, um eine Ecke gebogen, um die nächste – keine Chance: Die Kinder waren immer noch hinter uns her, liessen sich einfach nicht abschütteln. Was nun? Da kam ein Auto, ich winkte es fachmännisch durch, das nächste Auto … in mir reifte eine Idee, das dritte Auto … ich hielt es an, fragte den Fahrer, ob er mich mitnehmen könne, stieg ein und – zack! – war ich weg. Den Ausdruck auf dem Gesicht des Flüchtlingskinds, das mir mit einer Mischung aus Verdutztheit, Erschrockenheit und Erstaunen hinterherguckte, werde ich nicht vergessen 🙂 🙂
Hier noch ein paar Eindrücke: