Vor einigen Monaten bekam ich eine Vortrags-Anfrage per Email aus Südtirol. Jemand hatte “Clown und Coaching“ gegoogelt und wünschte sich für den Verein nlpaed einen Onlinekurs. Da das Thema mich reizte, griff ich sofort zum Telefonhörer und landete bei der lieben Elisabeth. Das war der Knackpunkt, sonst hätte ich vielleicht nicht zugesagt, denn mir nach dem letzten Seminar ist mir bewusst, wie viel Arbeit es macht, jemandem die Haltung von Clowns und den Geschmack vom Clown-Sein nahezubringen. Da reichen Powerpoint-Slides nicht aus, da müssen praktische Übungen her. Und das per Zoom!?
Trotz meiner spontanen Zusage war ich lange nicht überzeugt, dass dies eine gute Idee war. Aber ich hatte ja noch ein, zwei Monate Zeit bis dahin, und – ich hatte vor kurzem bereits einen erfolgreichen Kurs über ein ähnliches Thema abgehalten, wenn auch Face2Face. Am Wochenende vorher war ich noch bei Miriam Brenner in Offenbach gewesen, was mich zwar sehr inspirierte, mich aber nullkommanix an meine eigenen Verpflichtungen denken ließ. So freute ich mich schon auf einen freien Abend, als ich nichts mehr aus Südtirol hörte, außerdem war ich nach der Rückkehr aus Offenbach gesundheitlich angeschlagen, eine leichte Virusgrippe war offensichtlich im Anmarsch. Doch dann meldete sich Elisabeth pünktlich, und ich musste ran: Innerhalb von zwei halben Tagen stellte ich ein ziemlich neues Konzept auf, dazu entmistete ich meine alten Vorträge und reduzierte die Zahl der Slides, die ich zeigen wollte, auf drei. Die Teilnehmer sollten mich ja in voller Schönheit sehen und nicht nur als kleine Kachel, denn ich war ja die Hauptattraktion, der Clown, der das Coaching neu erfunden hätte (wenn man ihn nur gelassen hätte, hihihi) oder zumindest ein paar Tipps für oder gegen Coaches hatte.
Und dann ging es auch schon los, statt der angekündigten 35 Teilnehmer kamen zwar nur fünf, aber das machte es mir leichter und ich führte es als quasi-familiäres Seminar durch. Zuerst stellte Elisabeth mich vor, dann schaltete ich die Präsi ein, Folie 1 war ein netter Comic, Folie 2 war meine Wenigkeit, inklusive Horseback Archery und Audiobiografie (wenn schon, dann die volle Dröhnung dachte ich mir 😉 ), dann bat ich die Teilnehmer, wenn noch nicht geschehen, sich jetzt die 2 benötigten Requisiten zu holen: Nase und ein DIN A4-Blatt. Danach hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, sich vorzustellen. Einige hatten schon Kontakt mit dem Clown und sich die Nase schon rot gemacht oder aufgesetzt 🙂
Ich startete dann mit Folie drei, die auch schon den ganzen Inhalt enthielt, sprich:
- Staunen: Haltung des Clowns
- Auja: Motor des Clowns
- Humor: Schwingung des Clowns
Zu jedem der drei Punkte hatte ich eine Übung vorbereitet, und jede der drei Übungen war eine Premiere für mich im virtuellen Raum. Da war ich ein bisschen nervös, doch ohne Grund. Ich hatte mir drei der besten Übungen meiner wichtigsten Clownslehrer*innen heraus gesucht. Vor jeder Übung schickte ich voraus, wofür sie gut sei, wieso der entsprechende Punkt für ein Verständnis des Clown wichtig sei usw. Nach der Übung kam eine Feedbackrunde und eine in-depth Erklärung der Vorteile für das Coaching.
Übung 1 war eine geführte Fantasiereise auf einen fremden Planeten, um das Staunen auszuprobieren. Besonders schön war der Moment, wo hinter den mit Tüchern verhangenen Kameras die roten Nasen sichtbar wurden. Und dann die zehn Clowns in den zehn Kacheln zu sehen, die sich zuerst nicht trauten oder nicht wussten, was sie tun sollten, von mir aber erfolgreich dazu angeregt wurden, den Bildschirm zu erforschen.
Übung 2 machte am meisten Spaß, da die Coaches sofort die Auja-Übung verstanden und kreativer als die Sozialarbeiter meines letzten Vortrags waren 🙂 Wir hüpften, krabbelten und Haare rauften also in unseren Räumen umher, dass es nur so eine Freude war.
Übung 3 schließlich machte mir am meisten Spaß (ich kam so langsam auf Touren 🙂 ) : Es ging darum, etwas Unangenehmes, wie z.B. eine ärgerliche Sache oder nervige Person, auf das Blatt Papier zu projizieren und dieses dann in voller Wut zu zerreißen mit der Vorstellung, sich so dieser verhassten Sache ein für allemal zu entledigen. Wichtig war es dabei, sich in seine Wut hineinzusteigern, sie dramatisch zu übersteigern, bis sie ins Absurde und Komische kippte. Und das Ganze auch noch zu geniessen! Das Papier voller Genuss zu zerreißen und solchermaßen Humor in diese Handlung zu injizieren.
Alles in allem ein Workshop, der sehr viel Spaß gemacht hat und – und das war das Überraschendste – vollkommen online funktioniert hat.